Sprechstunden zur Besprechung inhaltlicher Zweifel

Sprechstunden zur Besprechung inhaltlicher Zweifel

by Irene Cennamo -
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Liebe Studierende des Laboratoriums!

Wir haben ca. eine dreiwöchige Pause bis zu unserem nächsten Treffen im Dezember. Nutzen Sie eventuell die Gelegenheit, einen ersten Entwurf eines Stundenbildes zu verfassen und senden Sie ihn mir bitte mittels Plattform. Das gilt dann nicht sofort als endgültige Abgabe, im Gegenteil, ich beabsichtige eine prozessorientierte Arbeit. Ich kann Ihnen dabei hilfreich zur Seite stehen. Vergessen Sie nicht, dass ich auch Sprechstunden zur Verfügung gestellt habe, die Sie nutzen können.

In den nächsten Tagen werde ich ein Beispiel/ein Muster in die Plattform geben. Seien Sie aber ruhig kreativ, das ist dann auch nur ein Vorschlag! Die Tatsache, dass Sie vielleicht noch niemals zuvor ein Stundenbild, eine Unterrichtsplanung erstellt haben, sollte Sie aber nicht erschrecken. GANZ im Gegenteil: Sie haben die Möglichkeit, hier in der Plattform und im Laboratorium das Erstellen einer solchen zu experimentieren. Das ist mein Ziel, dass Sie Ihre Vorkenntnisse, Ihre Vorlieben, Ihre Überlegungen mit ein bringen und entdeckend Erfahrung mit diesem Teil Ihrer zukünftigen Arbeit sammeln.

Bedenken Sie dabei bitte, dass die Grundhaltung dieser Einheit, die Wertschätzung und Berücksichtigung von Sprachenvielfalt, Heterogenität im weitesten Sinne und INKLUSIVES Vorgehen sein sollte.

Was zu einem kohärenten Stundenbild allerdings nicht fehlen sollte und was Sie schließlich im Laboratorium seit Beginn praktizieren konnten, finden Sie noch hier von mir aufgelistet:

  1. Arbeitsschritte für die Lehrperson! (Was macht die LP? Was machen die Schüler?)
  2. Fach/Thema (ganz offen und Euren Vorlieben entsprechend)
  3. (Klare) Arbeitsanweisungen (Regie führen)
  4. Organisation des Raumes und der Zeit (Wie organisiere ich den Raum? Die Stühle/Tische/Polster/Kissen? Wieviel Zeit in etwa dauern die einzelnen Arbeitsschritte der geplanten Einheit - eine Schätzung!)
  5. Geplante soziale Arbeitsformen
  6. Didaktische Ziele (bedient Euch der Rahmenrichtlinien!)
  7. Ev. Sprachliche Ziele wie Fertigkeiten (=Sprechen, Schreiben, Lesen, Hören). Bedient Euch eventuell der Sprach-Niveaus (=A1, A2, B1, B2, ...) aus dem Europäischen Sprachenportfolio). Was setze ich eventuell auch sprachlich voraus?
  8. Welche Kompetenzen werden darin geschult (Ihr müsst nichts Neues erfinden: Bedient Euch der Kann-Beschreibungen z.B. aus den Rahmenrichtlinien und/oder aus dem Europäischen Sprachenportfolio)
  9. Welche Evaluation sehe ich eventuell vor?
  10. Eventuelle Nachbearbeitungen als Heimarbeit für die SchülerInnen (falls vorgesehen)

Die Lernplattform Moodle ist so eingerichtet, dass Sie bis zu max. 3 Entwürfen senden können. Erst das dritte Dokument stellt dann die endgültige Abgabe dar. Sie können, müssen aber nicht von diesem Angebot Gebrauch machen.

Ich stehe für weitere Fragen, Zweifel gerne zur Verfügung.

Wir sollten allgemein am selben Strang ziehen, legen Sie die schulische Haltung einfach mal ab. Betrachten Sie diese Arbeitsform als eine prozessorientierte, individualisierte, lernerInnenzentrierte Weise, Lehrstoff zu bewältigen, statt mit einem Test und mit bloßem Abfragen von Wissen am Ende des Semesters. Mir geht es im LABORATORIUM eher darum, Ihr prozedurales Können (Anwenden von Theorie und Wissen auf die Praxis) anzuregen. Haltungen und Einstellungen kann ich nur ansatzweise beeinflussen: Lernen findet aber da statt, wo sich was in den Einstellungen und Haltungen vielleicht revidieren lässt, wo man als Lehrperson selbstreflexiv handeln lernt, wo man eine Rollendistanz gegenüber eigenen und "fremden" Verhaltensweisen entwickeln lernt, wo man metakommunikativ zu Lösungen bei Konflikten mit "fremden" Kulturen handeln lernt, statt Differenzen und Stereotype zu betonen und zu stärken. All dies ist nicht leicht, aber unser Bildungsauftrag an Schulen lautet  "Chancengleichheit für alle" (integrativ, inklusiv, handeln ...). Im Syllabus habe ich das folgendermaßen zusammengefasst:

"Plurale Ansätze zu Sprachen und "Kulturen" anwenden, heißt, Lehr- und Lernverfahren anwenden, die zugleich mehrere Sprachen bzw. sprachliche Varietäten und Kulturkreise und Traditionen sowie einen übergreifenden Kompetenzbegriff einbeziehen. Den pluralen Ansätzen stehen traditionell einzelzielsprachliche Konzepte gegenüber. Diese fokussieren nur auf eine einzige Zielsprache und/oder eine bestimmte Zielkultur. Solche einzelzielsprachlichen Ansätze stehen aber nicht im Einklang mit der pluralen Wirklichkeit unserer heutigen (Migrations)Gesellschaften und mit der lernerseitig vorhandenen Mehrsprachigkeit und sprachlichen sowie individuellen Heterogenität (aller Lernenden)" (vgl. Europarat).

Bringen Sie sich ruhig mehr ein, auch mit Zweifeln und Bedenken dazu! Das regt unsere Diskussion an und wir können auch unsere Grenzen erkennen.

Das meinte ich auch mit meiner Frage in der Visitenkarte in unserem ersten Treffen:

Wieviel Heterogenität ertrage ich als Lehrperson?

Selbstreflexion ist hier als Lehrende und Erzieher ganz stark notwendig. Keine Beschönigung und Exotisierung des Themas Heterogenität, sondern individuelle Begegnung, eigene Auseinandersetzung mit dem Eigenen und dem "Fremden", Konfliktlösung, Kompromissbereitschaft, Rollendistanz, Ambiguitätstoleranz, Empathie, all dies sind interkulturelle Schlüsselkompetenzen, die wir Lehrpersonen nolens volens in unserer universitären Ausbildung zuerst, aber besonders in unserem beruflichen Alltag lernen und einsetzen müssen. Denn homogene Klassen in Sprache und "Kultur" sowie Lernertyp und Lernvoraussetzung usw. sind eine Fiktion, Realität ist VIELFALT!